Photo von Pawel Czerwinski auf unsplash.com

 

Die Entwicklung des freien Individuums braucht gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Der Autor der «Philosophie der Freiheit», Rudolf Steiner, formulierte vor 100 Jahren eine «Soziologie der Freiheit», die heute nahezu unbekannt ist. Kann diese, aktualisiert auf die heutigen Verhältnisse, richtungsweisend sein? – Ein Denkanstoss in Zeiten von Corona.

Von Fionn Meier

Es gibt in der Schweiz eine grosse Anzahl von Menschen, welche die freiheitliche Demokratie in Gefahr sehen. Die Gründe hierfür sind jedoch sehr unterschiedlich. Vertreter der Schweizer Volkspartei warnen z.B. schon seit vielen Jahren vor dem Verlust Schweizer direkten Demokratie durch supranationale Institutionen, allen voran die Europäische Union. Andere wiederum sehen in eben jenen Bestrebungen der Schweizer Volkspartei eine Gefahr für die Schweiz. So zum Beispiel der linksintellektuelle Roger de Weck, der in seinem neuen Buch «Die Kraft der Demokratie» (Verlag Suhrkamp, 2020) in den Errungenschaften der Aufklärung die Grundlage der freiheitlichen Demokratie ausmacht und in den «anti-aufklärerischen», volkstümlichen Bestrebungen jener Bewahrer der freien Schweiz die grösste Gefahr für die freiheitliche Demokratie sieht.

Michael Bubendorf hingegen, Mediensprecher der Freunde der Verfassung, sieht in Bundesbern vor allem linke und rechte Etatisten am Werk, die der freiheitlichen Schweiz ihr Grab schaufeln. Auf die Frage des «Schweizer Monats», ob er ein Liberaler sei, antwortetet er: «Ja, ich bin wirklich ein Liberaler im klassischen Sinne, wie er heute leider im Parlament nicht mehr vertreten ist – schon seit langem nicht mehr». [1]

Bubendorf engagiert sich, wie er in diesem Interview weiter kundgibt, bei den Freunden der Verfassung für eine Initiative, durch welche Volksentscheide in Zukunft nicht nur auf Verfassungs-, sondern auch auf Gesetzesebene gefällt werden können. Damit setzt er sich für eine Erweiterung des demokratischen Mitspracherechts der Bevölkerung ein. Es geht also auch ihm schlussendlich nicht nur um Freiheit, sondern um die Stärkung einer freiheitlichen Demokratie.

Nachtrag, 16. Sept. 2021: In einem e-Mail-Wechsel wies mich Michael Bubendorf darauf hin, dass er im Herzen ein Libertärer ist und damit alle staatlichen Institutionen grundsätzlich als problematisch betrachtet. Aus pragmatischen Gründen, da der Libertarismus heute chancenlos sei, vertritt er jedoch politisch einen klassischen Liberalismus. 

 

Die Illiberalität der Liberalen

Offensichtlich ist, dass unterschiedliche Vorstellungen darüber existieren, was eigentlich eine «freiheitliche Demokratie» ist. Denn sowohl Links als auch Rechts ist kaum jemand gegen die Freiheit. De Weck schreibt in seinem Buch explizit: «Freiheit ist der Sinn und Zweck des pragmatischen Ideals, das wir Demokratie nennen» (S. 11). Wie kommt es trotzdem zu so unterschiedlichen Seilschaften?

Der Grund ist, dass es mit der Freiheit bei den meisten doch nicht so ernst gemeint ist. Exemplarisch ist dies bei de Weck wie folgt sichtbar. In seinem Buch stellt er das «Böckenförde-Theorem» dar, wonach «der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann». Diese Voraussetzung ist die «moralische Substanz» der Individuen. Diese könne, so das Theorem, eine liberale Demokratie nicht hoheitlich propagieren, ohne selbst autoritär zu werden. Diese «moralische Substanz» wird nach Ansicht von de Weck heute systematisch von den rechten reaktionären Bewegungen untergraben.  Als Antwort auf dieses Problem liebäugelt er nun – salto mortale – mit staatlichen Bildungseinrichtungen, in denen aufklärerisch-staatsbürgerliche Vorstellungen gelehrt werden (Kapitel «Schule der Demokratie»)!

Wie er selbst im Sinne des «Böckenförde-Theorem» die Abzweigung in Richtung des Autoritären wählt, bleibt ihm unbemerkt. Mit seiner Forderung nach einer staatlicher Gesinnungsschule ist er jedoch in bester Gemeinschaft mit den Liberalen rechts von links.  Als sich die «Elternlobby Schweiz» in der Schweiz für eine echte freie Schulwahl für alle einsetzte (und nicht nur für diejenigen, die sich eine Privatschule finanziell leisten können), schrieb die FDP in ihrem Positionspapier (vom 18. September 2008) Folgendes: «Im Unterschied zur Elternlobby Schweiz fordert die FDP lediglich die freie Schulwahl zwischen staatlichen Schulen und nicht zwischen staatlichen und privaten Schulen» und gibt dafür folgenden Grund an: «Die Gesellschaft darf nicht auseinanderdriften. Hier spielt eine starke, leistungsorientierte und leistungsfähige Volksschule eine wichtige Rolle. In der Volksschule werden die Grundausbildung und der Leistungswille sowie der Bürgersinn massgeblich geprägt.»

Kurz, auch die liberale Partei fordert: Zuerst die zwangsstaatsbürgerliche Erziehung (nach ihrer Vorstellung möglichst schon ab Kindergarten leistungsorientiert) und erst dann die Freiheit!

 

Liberalität zu Ende gedacht

Böckenförde bezog sein Theorem auf die religiöse Grundhaltung der Menschen, welche aus seiner Sicht für das Zusammenleben im Staat notwendig ist. Der Staat kann eine religiöse Grundhaltung nicht hoheitlich propagieren, ohne autoritär zu werden. In der modernen, säkularen Gesellschaft gilt die Religionsfreiheit den Linken wie den Rechten daher als Errungenschaft. Ein Risiko für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist dies eigentlich aber nur nach der Ansicht Ewig-Gestriger. Man hat längst einen Ersatz gefunden: Die staatlichen Bildungsinstitutionen, die den Bürgersinn und den Zusammenhalt der Bevölkerung gewährleisten.

Es ist klar, dass hiermit das Individuum dem Kollektiv untergeordnet wird, was das Merkmal des Illiberalen ist. Würden die Liberalen und die Linksliberalen wie de Weck ihre Ansicht, dass der Zweck der Demokratie die Freiheit ist, gründlich zu Ende denken, so müssten sie zum Schluss kommen, dass die Erziehung nur eine «Erziehung zur Freiheit» und nicht eine zum «guten Staatsbürger» sein kann und darf.

Historisch betrachtet ist es verständlich, dass die liberalen Kräfte im 19. Jahrhundert sich für staatliche Bildungsreinrichtungen stark machten. Sie wollten die Erziehung den kirchlichen Institutionen, in deren Händen sie damals vollumfänglich lag, entreissen und eine allgemeine Grundausbildung allen Kindern, unabhängig der gesellschaftlichen Schicht ihrer Eltern, ermöglichen.

Wache, liberale Geister erkannten jedoch schon früh, dass eine staatliche Erziehung nicht das leisten kann, was eine Erziehung zur Freiheit zu leisten hat. Dazu gehörte Heinrich Pestalozzi, aber auch Ignaz Paul Vital Troxler, der 1848 eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung der ersten Schweizer Verfassung spielte (Ignaz Paul Vital Troxler, Verlag Futurum, 2016, Kapitel: Intervention für die neue Bundesverfassung 1848). An die Adresse eines seiner Gegenspieler schrieb er: «Allerdings bin ich noch der Meinung, und wage es noch, auch mitten in unserer Zeit, laut zu behaupten, dass dasjenige, was dir und anderen dir Gleichgesinnten und Gleichgestimmten Kirche und Staat heisst, kein Recht über das Schulwesen und über die Menschenerziehung hat.» (S.294).

Pestalozzi und Troxler erkannten, dass eine Erziehung zur Freiheit nur durch freie Menschen möglich ist. Gibt der Staat den Erziehenden vor, was und wie sie zu unterrichten haben, werden sie zu ausführenden Staatsdienern degradiert. Die Kinder erleben dann nicht die freie Persönlichkeit, sondern die staatliche Autorität, welche sie unter der Androhung von Zwang (in der Schweiz besteht eine allgemeine Schulpflicht bis zur 9. Klasse!) zu «guten» Mitgliedern der Gesellschaft erzieht.

 

Rudolf Steiner über den Schweizer «Erziehungs-Liberalismus»

Die staatlichen Erziehungseinrichtungen sind auch der Grund, weshalb viele Menschen kein Organ für den rapiden Freiheitsverlust haben, der gegenwärtig stattfindet. Es wurde ihnen in der Erziehung nicht veranlagt. Wenn der Staat heute vorgibt – das BAG betreibt mittlerweile ein orwellsches Monitoring über Falschinformationen zur Impfung im Internet! [2] –, welche Aussagen wahr sind, so ist dies nichts anderes als die Fortführung der staatlich autorisierten Lehrperson, welche darüber befindet, was an der Prüfung richtig und falsch ist. Die Hoheit über die wissenschaftliche Wahrheit wird schon in der Kindheit an die staatliche Autorität geknüpft.

Als eines der wichtigsten Schritte im Sinne einer Entwicklung zur Freiheit betrachtete deswegen auch Rudolf Steiner die Befreiung des Bildungswesens aus der Zwangsjacke des Staates. Im Rahmen seiner Tätigkeit für einen sozialen Aufbau nach dem ersten Weltkrieg betrachtete er es als notwendig, die Erziehung vollumfänglich in die Verantwortung der Erziehenden zu stellen. Nur damit könne der Nationalismus überwunden werden und für eine freiheitliche und menschliche Zukunft die Voraussetzung geschaffen werden. Während Steiner für seine Ausarbeitung der Anthroposophie als «Wissenschaft vom Geist» von der katholischen Seite bekämpft wurde, erwuchs ihm für seine Bestrebungen für die «soziale Dreigliederung» heftigster Widerstand durch Mitglieder der schon damals wirksamen nationalistischen Bewegung. In Deutschland musste die Aktivität für die soziale Dreigliederung abgebrochen werden, als es bei verschiedenen Vorträgen zur sozialen Dreigliederung zu gewalttätigen Angriffen kam.

Steiner hatte deswegen Deutschland zu verlassen und verlagerte sein Wirken in die Schweiz. Hier stiess er jedoch für seine sozialen Ideen auf taube Ohren. Insbesondere unter der Lehrerschaft, so sein Urteil, sei es unmöglich für ein freiheitliches Erziehungswesen zu agitieren:

«Sehen Sie, wenn ich zu den schweizerischen Lehrern rede über die Befreiung des Geisteslebens, Befreiung des Unterrichtswesens, da erwidern in der Regel sogar die besten: Ja, wir sind in der Schweiz eigentlich ganz frei, wir können in der Schule machen, was wir wollen. – Keiner aber macht etwas anderes, als was der Staat will. Aus Freiheit sind sie im Grunde genommen so unfrei als möglich; sie fühlen ihre Unfreiheit nicht, sie fühlen die Unfreiheit als Freiheit, weil sie innerlich so damit zusammengewachsen sind. Wir müssen wiederum erst lernen, die Unfreiheit zu fühlen» (in: Rudolf Steiner über die Schweiz, Verlag am Goetheanum, 2020, S. 95)

Gelernt wurde in den letzten hundert Jahren in dieser Hinsicht nur wenig. Die Zwangsjacken der staatlichen Schulen wurden durch die Politik nur noch enger geschnürt (Stichwort HarmoS und Lehrplan 21). Dies führt jedoch dazu, dass mittlerweile mehr und mehr erkannt wird, dass die staatliche Schule nicht der letzte Schritt in der Entwicklung des Erziehungswesens ist. So findet z.B. die Elternlobby mit ihrer Forderung nach freier Schulwahl mittlerweile Unterstützung von Politikern aus ganz unterschiedlichen Lagern. Bei der Kantonsratswahl 2021 in Solothurn waren unter den Kandidaten Vertreter der CVP, EVP, FPD, GLP, Grünen, SP und SVP, welche teilweise oder ganz die Position der Elternlobby unterstützen (siehe: www.elternlobby.ch/gewaehlt).

 

Die freiheitliche Demokratie als Denkproblem

Ein freies Bildungssystem wurde auch vom führenden neoliberalen Denker Milton Friedman propagiert, der Bildungsgutscheine forderte, welche die Eltern frei einsetzen können. Wird mit der Forderung nach einem wirklich freien Geistesleben der Bogen überspannt? Bleibt dem demokratischen Staat, wenn er die Hoheit über die Erziehung abgibt, nur noch die Rolle des «Nachtwächterstaats» übrig, der dafür sorgt, dass das Eigentum gewährleistet ist und nur dann einschreitet, wenn der eine Mensch den anderen niederschlägt und ausraubt?

Roger de Weck fürchtet, dass durch die Neoliberalen (und die Reaktionären) die «traditionsreiche Demokratie mündiger Bürgerinnen und Bürger» immer mehr untergraben wird:

«Neoliberale fordern den schlanken Staat, Reaktionäre den Nachtwächterstaat, was auf dasselbe hinausläuft: Er soll privates Eigentum sichern, reichlich Geld ausgeben für Militär und Polizei, für Recht und Ordnung, sonst aber das Recht (in Gestalt von Regulierungen) abbauen und die Märkte wenig ordnen. Der Ultrakapitalismus wie der Populismus sehen im Gemeinwesen nicht die traditionsreiche Demokratie mündiger Bürgerinnen und Bürger, dieses Ideal ist ihnen fremd. Vielmehr degradieren sie den demokratischen Staat zum eilfertigen Dienstleister und den Bürger zum willigen Verbraucher. (…) Die Frage nach der Rolle des Staats verkürzt sich zur baren Kosten-Nutzen-Kalkulation» (Die Kraft der Demokratie, Suhrkamp, 2020, S.38)

Gehen Freiheit und Demokratie nicht zusammen? Untergräbt der «schlanke Staat» in jedem Fall die Demokratie mündiger Bürgerinnen und Bürger? Sind Demokratie und Freiheit zwei Ideale, von denen jedes sich nur auf Kosten des anderen verwirklichen lässt?

Auf diese Frage wurde mit der Idee der sozialen Dreigliederung versucht, eine Antwort zu geben. Demokratie und Freiheit werden sich gegenseitig ergänzende Ideale, wenn sie ihr eigenes Gebiet erhalten, auf welchem sie sich vollumfänglich realisieren können. Das Gebiet der Freiheit soll alles dasjenige umfassen, wo es sich um Fragen der Erkenntnis und die Anwendung der individuellen Fähigkeiten handelt. Dies ist z.B. bei Gesundheitsfragen und Erziehungsfragen der Fall. Welche pädagogische Massnahme bei welchem Schulkind hilft, dies zu erkennen ist eine Frage der Fähigkeit der Lehrperson. Hat diese sich nach staatlichen Vorgaben zu richten, so wird ihr die selbstverantwortliche, freie Ausübung ihrer Fähigkeiten abgesprochen.

Eine ganz andere Fragestellung ist diejenige, ob das Kind ein Recht auf Bildung hat. Hier geht es nicht um die richtige pädagogische Massnahme, sondern um eine Frage der Gleichheit. Jedes Kind – egal ob von reichen oder armen Eltern – soll die Möglichkeit einer guten Bildung erhalten. Dies entspricht heute dem Rechtsempfinden der allermeisten Menschen. Eine Demokratie kann diese Voraussetzung z.B. dadurch gewährleisten, dass den Eltern in gleicher Weise ein Erziehungseinkommen zugesprochen wird, wie den nicht mehr Arbeitsfähigen im Alter eine Rente zugesprochen wird.

Wird differenziert zwischen dem Rechtsleben, in welchem auf demokratischem Wege die Gesetze festgelegt werden, welche die allgemein-menschlichen Verhältnisse regeln, und dem Geistesleben, in welchem der Einzelne in der Ausübung seiner Fähigkeiten selbstverantwortlich und frei ist (Wissenschaft, Erziehung, Kunst, Religion, etc.), so können beide Ideale ihre konkrete Verwirklichung finden.

 

Das andere Ende der Freiheit

Ein schlanker Staat ist notwendig für ein freies Geistesleben. Ein schlanker Staat führt jedoch nicht gezwungenermassen in den Hyperkapitalismus, in welchem allein die marktwirtschaftliche Nutzenoptimierung zählt. Diese Dialektik, welche heute in den allermeisten Köpfen spukt, geht davon aus, dass der Gemeinschaftssinn nur durch den Staat hervorgebracht werden kann und verkennt dabei, was den freien Geist im Kern ausmacht.

Ein freier Geist ist im Grunde genommen nur der produktive Geist, der die sittlichen Ideale für sein jeweils konkretes Handeln aus sich selber schöpft. Kann der Einzelne dies nicht, so hat er sich nach moralischen Vorstellungen zu richten, die ihm von aussen (z.B. der Religion oder dem Staat) gegeben werden.

Der freie, schöpferische Geist, der bei jedem Menschen potentiell vorhanden ist, wird heute durch die unfreie Bildung eingeschläfert, anstatt geweckt und gefördert. Ein freies Geistesleben hingegen wird die Potentiale der einzelnen Menschen in viel grösserem Masse fördern, als dies heute der Fall ist. Daraus werden in den Menschen ganz individuelle Ideale hervorgehen, die viel kraftvoller wirken werden, als die heute oft nur als Phrasen herrschenden Ideale der Nächstenliebe, der Solidarität und der Mitmenschlichkeit. Diese Ideale werden nicht wirksam, indem man darüber redet, sondern indem man die Menschen in Freiheit zur Freiheit erzieht!

Daraus werden sich ganz andere Voraussetzungen für das Wirtschaftsleben ergeben, als sie heute vorhanden sind. Als Steiner im Rahmen seiner Dreigliederungsaktivität sich für ein freies Geistesleben einsetzte, regte er gleichzeitig ein Wirtschaftsleben an, welches sich assoziativ vernetzt und das Prinzip der Kooperation anstelle der Konkurrenz setzt. Dies wollte er nicht als utopischen Idealismus verstanden haben. Er war überzeugt, dass es den beteiligten Akteuren sich aus ganz praktischen Gesichtspunkten ergeben wird, dass die Wirtschaft effizienter organisiert werden kann, wenn sie sich regelmässig über konkrete wirtschaftliche Fragen assoziativ austauschen.

Als wichtigsten Punkt betrachtete er, dass die wirtschaftlichen Akteure ihr eigenes, selbstverwaltetes Währungssystem dazu entwickeln. Als Anschauungsbeispiel eines kooperativen Wirtschaftslebens kann heute die Komplementärwährung Sardex in Sardinien studiert werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Komplementärwährungen hat sie eine Grösse erreicht, die es den Unternehmen ermöglicht, diese Währung als Instrument der gegenseitigen Wirtschaftsförderung zu nutzen.

Ein Blick auf dieses Projekt kann anregend sein. Hier sind drei Links mit weiteren Infos:

https://www.lgt.com/de/magnet/nachhaltigkeit/sardex-eine-waehrung-fuer-sardinien/

https://sailorsforsustainability.nl/portfolio/sardex-a-local-currency-for-a-circular-economy-ita/

https://diedrei.org/files/media/hefte/2018/Heft6_2018/03-Meier-DD1806.pdf

 

Soziale Dreigliederung: Mut zur menschlichen (R)Evolution!?

Der westliche «Shareholder-Kapitalismus» und der östliche «Staats-Sozialismus» haben als tragende gesellschaftliche Ideale für die allermeisten Menschen ihre Überzeugungskraft verloren. Insbesondere wird heute immer deutlicher, dass im Osten wie auch im Westen die geistige Freiheit des Einzelnen immer mehr in Gefahr ist. Im Osten durch einen Staat, der die Bürger immer mehr überwacht und mit dem «sozialen Kreditsystem» lenkt. Im Westen, dem vermeintlichen Hort der Freiheit, wird der einzelne Mensch immer mehr zum Konsumenten degradiert, der ebenfalls durch ein Netz von digitaler Überwachung von Grosskonzernen kontrolliert und gelenkt wird.

Diese Kräfte werden heute immer mächtiger und machen auch vor der Schweiz nicht halt. Das «Monitoring für Falschinformationen» des BAG ist im gegenwärtigen Wetterleuchten nur eines von vielen Blitzlichtern, die zeigen, wohin die aktuelle Reise geht. Sind diese Dinge erst einmal Gewohnheit geworden, wird es nicht einfacher, sondern viel schwieriger sein, für die «Freiheit des Individuums» einzustehen. Die Vorstellung, dass zuerst die Katastrophe kommen muss, damit die Menschen aufwachen, ist irreführend. Es wird nicht einfacher, sondern nur schwieriger. Die Technologien und die gesellschaftspolitischen Instrumente, welche das menschliche Denken unfrei machen, werden immer raffinierter.

Die Idee der sozialen Dreigliederung ist keine Utopie. Sie ist ein Akt des Willens und des Mutes. Sie will Revolution im Denken sein, in der gesellschaftlichen Entwicklung aber Evolution. Die soziale Dreigliederung kann heute an jedem Ort ein Stück weit realisiert werden. Stehen genügend Menschen dafür ein, wird sie sich evolutionär entwickeln. Sie braucht nicht von oben organisiert und eingeführt zu werden, sie ist keine Utopie, sondern ein Weg der Selbstbefähigung und der Selbstbefreiung im Geistesleben, der assoziativen Zusammenarbeit im Wirtschaftsleben und dem demokratischen Zusammenwirken im Rechtsleben.

Die Schweiz ist in ihrem Ursprung eine «Willensnation». Dieser Wille ist jedoch nur eine Realität, wenn er immer wieder neu ergriffen wird und nicht nur im historischen Museum bestaunt wird. Dies gilt auch für die Idee der sozialen Dreigliederung. Sie will nicht ein Paradies auf Erden versprechen, sondern aufzeigen, wie die Menschen aus eigenem Willen die gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten können, damit sie der selbstgewollten Entwicklung zur Freiheit und Menschlichkeit förderlich sind.

Quellen:

[1] https://schweizermonat.ch/die-familie-blocher-zaehlt-zu-den-pandemisten/

[2] https://www.blick.ch/politik/amt-reagiert-mit-gegenkampagnen-bag-kaempft-mit-neuer-software-gegen-corona-fake-news-id16734284.html