Für eine moderne Schweiz: Liberal, demokratisch, sozial
Abstimmung 13. Februars 2022
Empfehlung des Initiativ-Kollegiums
WICHTIGE INFO: Die Farben der Ampel zeigen nicht, ob wir ein JA oder NEIN empfehlen! Die rote Ampel zeigt, dass über eine Frage abgestimmt wird, die im Sinne der Leitgedanken der Fördergesellschaft Demokratie Schweiz keine Rechtsangelegenheit ist. Die Farbe Grün steht für Abstimmungen, in denen es um eine echte Rechtsangelegenheit im Sinne der Leitgedanken der Fördergesellschaft Demokratie Schweiz handelt. Orange bedeuted entweder, dass sich das Initiativ-Kollegium diesbezüglich nicht sicher ist oder dass die Vorlage selber vermischt ist und sowohl berechtigte als auch unberechtigte Fragestellungen enthält. Nur in Bezug auf Rechtsangelegenheiten sind Mehrheitsentscheide und Gesetze sinnvoll und gesund. Bei allen anderen Fragen führen sie in die Un-Demokratie.

Volksinitiative Tier- und Menschenversuchsverbot
Das Rechtsleben ist zuständig, um diejenigen Verhältnisse zu regeln, die alle Menschen gleichermassen betreffen. Darunter fällt auch der Schutz vor ungerechtfertigter Machtausübung. Was sich als Recht in den Gesetzen kristallisiert, hat sich aus den Rechtsempfindungen der Menschen zu ergeben.
Aus solchen Rechtsempfindungen hat sich heute ein weitgehender Schutz der Tiere vor willkürlicher Gewaltanwendung herausgebildet. Wie weit der rechtliche Schutz gehen soll, hat jedoch immer wieder neu demokratisch bestimmt zu werden. Diese Abstimmung ist im Sinne der Dreigliederung daher richtig und sinnvoll.
Aus Dreigliederungsperspektive problematisch ist hingegen ist folgender Artikel:
Artikel 80 Abs. 2
- Es muss gewährleistet sein, dass tierversuchsfreie Erstansätze mindestens dieselbe staatliche Unterstützung erhalten wie vormals die Tierversuche.
Damit wird der staatliche Übergriff in das Geistesleben gefördert. Eine Wissenschaft, welche sich von den staatlichen Fördergeldern abhängig macht, wird nicht die Stosskraft entwickeln, sich von der auf der Statistik beruhenden Forschungsmethode, mit der die Abhängigkeit von Tierversuchen einher geht, zu lösen.
Diese Initiative erhält nichtsdestotrotz eine grüne Ampel, da die Frage nach der Finanzierung der Forschung ein allgemeines Problem ist, die durch die Weglassung dieses Artikels gegenwärtig kaum verbessert würde.

Volksinitiative Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung
Tabakwerbung für Kinder und Jugendliche ist in der Schweiz bereits seit 1995 verboten. Die vorliegende Initiative möchte dieses Verbot jedoch nun konsequenter handhaben. In der Bundesverfassung soll neu festgehalten werden:
Der Bund «verbietet namentlich jede Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht».
Die Gegner diese Initiative argumentieren auf ihren Plakaten, dass bald auch ein Werbe-Verbot für Süssigkeiten oder Wein folgen könnte. Mit der gleichen Logik könnte jedoch gegen jedes Gesetz argumentiert werden.
Die Frage ist hier eine des Schutzes der noch nicht mündigen Kinder und Jugendlichen vor manipulativer Werbung für nachweislich gesundheitsschädliche und süchtig machende Substanzen. Wie stark dieser Schutz ausfallen soll, ist im Sinne der Dreigliederung demokratisch festzulegen.
Problematisch im Sinne der Dreigliederung ist hingegen folgende Ergänzung der Bundesverfassung (fettgedruckt), welche die Initiative ebenfalls enthält:
Art. 41 Abs. 1
1Bund und Kantone setzen sich in Ergänzung zur persönlichen Verantwortung und privater Initiative dafür ein, dass:
- Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zur selbständigen und sozial verantwortlichen Person gefördert und in ihrer sozialen, kulturellen und politischen Integration unterstützt werden sowie ihre Gesundheit gefördert wird.
Der Staat muss sich darauf beschränken, Schaden abzuwenden. Wenn er jedoch anfängt, die Gesundheit zu fördern, so kann er dies nur mit standardisierten Vorgaben, die der Vielfalt der Menschen nicht gerecht wird. Die Gesundheit fördern kann nur ein freies Geistesleben!
Mit dieser Initiative wird daher zugleich der Tendenz Vorschub geleistet, dem Staat pädagogische und medizinische Aufgaben aufzudrücken. Es werden berechtigte Aufgaben des Rechtslebens mit Aufgaben des Geisteslebens unglücklich vermischt. Diese Initiative erhält daher eine orange Ampel.

Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgabe
Die Steuerfrage ist aus Dreigliederungsperspektive sehr schwierig zu beleuchten. Denn die Dreigliederung arbeitet auf eine tiefgreifende Umgestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse hin.
Heute wird z.B. das Kapital am Kapitalmarkt gleich wie eine Ware gehandelt. Durch den Kauf von Aktien ist daher ein hoher privater Nutzen vorhanden. Würde das Kapital hingegen nur noch treuhänderisch verwaltet (siehe Verantwortungseigentum), so wäre eine Kapitalbeschaffung immer auch im Interesse der Allgemeinheit. Daraus würde sich auch eine andere Voraussetzung für das Steuersystem ergeben.
In der Dreigliederungs-Zeit vor hundert Jahren sprach Rudolf Steiner daher über die Steuerfrage folgendes:
«Nun handelt es sich heute gar nicht darum, dieses beste Besteuerungssystem auszudenken, sondern darum, auf die Dreigliederung hinzuarbeiten. Und wenn diese Dreigliederung sich immer mehr und mehr verwirklicht, so wird durch diese Tätigkeit dieser Dreigliederung des sozialen Organismus das beste Steuersystem entstehen.» Quelle: GA 189, 16.2.1919
Die Frage nach dem richtigen Steuersystem ist in diesem Sinne verfrüht. Die richtigen Gesichtspunkte für das Steuerwesen können sich erst dann ergeben, wenn die Entflechtung von Wirtschaftsleben, Rechtsleben und Geistesleben stattgefunden hat.
Aus diesem Grund ist die Demokratie-Ampel auf Orange. Aus Sicht des Initiativ-Kollegiums kann für diese Abstimmung keine klare Empfehlung abgegeben werden

Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien
Das «freie Geistesleben» kann nur dann wirklich frei sein, wenn es sich unabhängig von staatlichen Interessen und wirtschaftlichen Interessen halten kann. Dafür ist es notwendig, dass sich das Geistesleben auch finanziell auf eigene Füsse stellt und direkt von den Menschen finanziert wird, die dieses Geistesleben wollen. Dies gilt auch für die Medien.
Die Abstimmung über das Mediengesetz erhält deswegen die rote Ampel. Medienfinanzierung soll Prinzipiell keine staatliche Angelegenheit sein. Das Initiativkollegium empfiehlt, an der Urne ein NEIN zum «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» einzulegen.
Gleichzeitig soll auch darauf hingewiesen werden, dass die heutige Medienlandschaft weniger durch staatliche Bevormundung geprägt ist, sondern vor allem durch grosse Medienkonzerne in Unfreiheit geraten ist. Mehr dazu im Artikel von Béla Szoradi «Über die Bedrohung der Pressefreiheit durch die Presse».