5. September 2025
Istvan Hunter: Liebe Diane, du bemühst dich in Dänemark und auch international, in Amerika, und auf dem europäischen Kontinent, um eine neue Form des Zusammenlebens. Als Gefäss für diese Form hast du eine Stiftung, den IC Trust gegründet. Die Stiftung basiert auf Grundsätzen der sozialen Dreigliederung und möchte eine andere Form des Zusammenlebens- Wirtschaftens und Umgangs begründen. Diese Stiftung hast du in der Coronazeit gegründet. Kannst du uns sagen, wie du in Dänemark die Coronazeit erlebt hast?
Diana Vincentz: Dänemark war eines der ersten Länder in Europa, die ein Covid-19-Zertifikat für den Zugang zu Restaurants, Museen, Kinos, Theatern, Friseuren oder Schönheitssalons einführten.
Es gab formell eigentlich nur „Empfehlungen“ betreffend der Corona Massnahmen – aber fast alle Menschen in Dänemark sind diesen Empfehlungen gefolgt – als ob es Gesetzen wären. Ich war mehr als ein Jahr lang die einzige, die ohne Maske ganz unbekümmert herumging. Auch ist es interessant, dass mich niemand zurechtgewiesen hat! Die Dänen sind höfflich, und weil ich es für selbstverständlich hielt, ohne Maske herum zu gehen, haben alle anderen es auch für selbstverständlich angesehen. Ausserhalb der Demonstrationen und verschiedener Treffen, und von Seminaren, die ich selber gehalten habe, war fast nie ein Mensch ohne Maske zu sehen. Die meisten Dänen haben die Maßnahmen befolgt, obwohl sie ausdrücklich nur „Empfehlungen des Staates“ waren.
Die Impfakzeptanz war ebenfalls sehr hoch in Dänemark. Gemäss Statistiken haben sich fast 80% der gesamten Bevölkerung freiwillig impfen lassen. In der Altersgruppe über 85 waren es über 97% – viele davon waren in die Pflegeheimen und wurden gar nicht gefragt. Auch wurden alle Behinderten in den Einrichtungen – auch den Anthroposophischen Einrichtungen – geimpft, teilweise auch ohne deren Eltern zu fragen. Aber auch in der Altersgruppe von 50-64 haben 93% sich freiwillig impfen lassen. Dänen sind im Allgemeinen sehr stolz auf Ihren Staat – oder waren es – ich glaube, dass jetzt vielen die Augen aufgegangen sind. Besonders jetzt, da es „normal“ geworden ist, dass so viele und auch Junge sterben und, dass man von einem Begräbnis zum nächsten geht. Man kann kaum ein paar Meter durch die Strassen gehen, ohne etliche Menschen im Rollstuhl, mit Gehhilfe, Scooters oder anderen Hilfsmitteln zu sehen – auch viele junge Menschen.
IH: Bekannt wurde kürzlich, dass der dänische Staat nach den Ankündigungen des US- Präsidenten, die Insel Grönland zu annektieren, einen neuen Stationierungsvertrag für US- amerikanischen Truppen auf Dänemark unterzeichnet hat.
DV: Diese Stationierungsvertrag war schon länger unterwegs – ich habe selbst schon vor zwei Jahren auf einem Poster auf der Strasse davon gelesen, und damals war der Vertrag schon lange geplant und damals auch schon so gut wie abgeschlossen. Am 21. Dezember 2023 würde er dann von Aussenminister Lars Løkke Rasmussen und seinem amerikanischen Pendant Anthony Blinken unterschrieben. (https://forsvarshistorien.dk/da-danmark-sagde-nej-allierede-soldater-i-danmark-under-den-kolde-krig/) (Ein paar Tage später am 14 Januar 2024 – hat der dänische König abgedankt. Nach 52 Jahren Regentschaft zog sich Margrethe ins Rentenalter zurück, während Frederik den Thron als König Frederik X. bestieg und seine Frau Mary zur Königin wurde.) Der König hat weitgehende Befugnisse in Dänemark – er ernennt die Regierungsminister, er ernennt auch Bischöfe, etc. Er muss eigentlich auch alle neuen Gesetze unterschreiben. Dieser Vertrag erlaubt den amerikanischen Soldaten im Prinzip nach amerikanischem Recht in Dänemark machen zu können, was sie wollen: In drei dänischen Städten auf dänischem Boden sollen amerikanische Militärbasen entstehen und Truppen stationiert werden, sowie amerikanische Waffen. Dies gibt den amerikanischen Soldaten auch Befugnisse über dänische Zivilisten. Im Prinzip könnten amerikanische Soldaten dänische Zivilisten verprügeln oder töten, die sich gegen die Militärbasen wehren, und straffrei davonkommen, so ein NZZ Artikel vom 16.6.25. Dänemark hat den letzten Rest seiner Schein-Souveränität aufgelöst. Ohne grosse parlamentarische Diskussion – nichts.
IH: Ihr habt vor einigen Jahren eine elektronische E-ID eingeführt. Wie sind die Erfahrungen damit? Ist sie freiwillig?
DV: Sie ist noch «freiwillig», aber, wenn man sie nicht hat, wird einem das Leben schwergemacht. Ich kann zum Beispiel nicht mehr online einkaufen und bezahlen – auch schon ein Zugbillet zu bestellen, geht nicht ohne die Hilfe von jemandem, der eine E-ID hat. Man kann nicht mehr online einkaufen, aber auch keine Bankgeschäfte mehr tätigen, oder seine Gesundheitsdaten abfragen oder die Steuererklärung abgeben. Auch Kontakte mit öffentlichen Ämtern funktionieren nicht ohne E-ID. Man kann die E-ID aber ablehnen. Dann müssen staatliche Stellen einen anderen Weg gehen, um mir Mitteilungen per Briefpost zu schicken. Jetzt beginnen öffentliche Institutionen aber damit die E-ID von ihren Mitarbeitern zu verlangen, da sie behaupten, dass sich ein Mitarbeiter sonst nicht einloggen kann in ihre Systeme und keine Protokolle über die geleistete Arbeit schreiben könne. Ich kenne jemanden, der sein Arbeit in einer Institution für psychisch Kranke verloren hat, weil er keine E-ID haben wollte. (https://www.mitid.dk/en-gb/)
IH: Was ist, wenn du über ein ausländisches Bankinstitut oder eine ausländische Kreditkarte online bestellst?
DV: Es wird alles zentral über das Internet kontrolliert und somit verhindert, dass man aus Dänemark einkaufen kann. Mit einigen Tricks gelingt es technisch versierten Menschen vielleicht das System zu umgehen. Ich kenne mich da nicht so gut aus.
IH: Dänemark scheint eine Art Vorposten für bestimmte Sozialexperimente zu sein, die man danach bei uns auch ausprobieren möchte. Liegt das an der für die USA relevanten exponierten geopolitischen Lage?
DV: Ja, vielleicht an der Lage, aber auch am gesamten Skandinavischen Sozialsystem. Man könnte es eine Art Soft-Kommunismus nennen, wobei man seine Individualität und individuellen Rechte „freiwillig“ abgibt, um gewisse Vorteile durch den Staat zu erhalten. Allerdings ist der Staat dabei diese „Guddies“ rasant abzubauen. Momentan werden zum Beispiel Leistungen im Gesundheitssystem reduziert. Der Gesundheitsminister aus der Coronazeit, Magnus Heunicke, hat in einem Fernseh – Interview dafür argumentiert, dass man Pflegebedürftige nicht mehr als einmal im Monat duschen solle – aus finanziellen Gründen natürlich.
IH: Kürzlich habe ich gelesen, dass man in Dänemark auch bis 70 arbeiten muss?
DV: Ja, das ist geplant. Wenn man nach 1979 geboren war, muss man allerdings bis 72 arbeiten um eine Vollpension zu erhalten. (https://seniorhaandbogen.dk/pension/folkepension/pensionsalder/)
IH: Bei uns in der Schweiz können wir bald über die E-ID abstimmen und auch über die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung.

Diane Vincentz
DV: Ich wusste nicht, dass eine „Eigenmietwertsteuer“ existiert. Es ist unglaublich, wie kreativ der Staat ist Steuern einzunehmen. In Dänemark wurde gerade letztes Jahr eine neue Eigentumssteuer geltend gemacht. Man wird jetzt besteuert, nicht länger auf den (geschätzten) Wert deines «Eigentums», sondern auf der Grundlage eines fiktiven, «möglichen» Werts. Das heisst, wenn der Staat der Meinung ist, dass man einen Bauernhof zu 150 Eigentumswohnungen umwandeln könnte, dann muss der Bauer oder Eigentümer die neue Steuer auf den hypothetischen Wert des Grundstücks bezahlen. Jedes Jahr gehen viele dänische Bauernhöfe zugrunde, auch auf Grund dieser verrückten Steuer. Im Jahr 1960 gab es 200,000 Höfe in Dänemark. Jetzt nur noch 6247. Allein letztes Jahr verschwanden fast 1000. (https://www.information.dk/indland/2024/07/hver-dag-seneste-aar-forsvundet-27-heltidslandbrug-danmark). Es ist absurd. Jedes Dorf ist jetzt voll von Verkaufsschildern, da viele ihre Häuser verkaufen müssen – selbst, wenn sie keine Hypotheken mehr darauf hatten. Und wer kauft die Häuser? Blackrock und andere Investment-Companies.
Rudolf Steiner hat damals gesagt: «Wenn man glaube, dass es einen Politiker oder Staatsmann gäbe, der etwas anders sei als der lange Arm der Banken, dann wolle man eben die Wirklichkeit nicht sehen.» Alles was heute in der Politik geschieht, ist nur gut für die Banken – sei es Krieg sei, seien es neue Steuerregeln.
IH: In Dänemark habt ihr ja auch eine anthroposophische Bewegung und du bist Mitglied der Christengemeinschaft?
DV: Ich bin nie Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft geworden. Bei der Christengemeinschaft haben sie mich aus dem dänischen Landes-Vorstand ausgeschlossen.
IH: Weshalb?
DV: Der Staat hat mit der Begründung des Geldwäschereigesetzes von allen Vereinen und Institutionen verlangt, bzw. eigentlich nur „empfohlen“, dass sämtliche Vorstandsmitglieder von Vereinen einzeln bestätigen, dass sie niemand in ihrem Bekanntenkreis haben, der an Geldwäscherei beteiligt ist. Ausserdem hätte ich unterschreiben müssen, dass ich nicht im Vorstand einer Internationalen Organisation sitze. Aber ich habe den ICT mitbegründet und bin Präsidentin dieser „Internationalen“ Organisation. So habe ich mich, um die Jahresabrechnung für die Christengemeinschaft doch noch über die Bühne zu bringen, dazu durchgerungen, dieses unsinnige Dokument zu unterschreiben und habe nur diesen Satz über eine internationale Organisation durchgestrichen, da es eine Unwahrheit gewesen wäre, wenn ich es unterschrieben hätte. Das hat nicht gereicht, und ich bin trotzdem von Vorstand ausgeschlossen worden.
IH: Was? Dazu bestand doch gar keine Notwendigkeit, wenn es ja nur eine Empfehlung des Staates war?
DV: Das ist es eben, in Dänemark sind die Menschen gehorsam – und lesen und denken braucht mehr Zeit als einfach gehorsam zu sein.
IH: Aber das ist doch tief unchristlich! Die Kirche hätte doch für das Recht des Individuums einzustehen?
DV: Ja, – aber wie hat Fercher von Steinwand es ausgedrückt? „Der Praktiker hat’s nicht weit, der Denker braucht Zeit.“ Wenn wir uns nicht einmal die Zeit nehmen, um die Konsequenzen solcher Übergriffe auf den Menschen zu prüfen, werden wir immer verheerendere Entwicklungen des soziale Lebens in Kauf nehmen müssen.
IH: Liebe Diane, Ich danke dir für das Gespräch.
Neueste Kommentare