Von Istvan Hunter

Ich möchte im Folgenden ein wenig dem Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und dem realen Wohlstand, bzw. der Vermehrung von Kapital für die Bevölkerung nachgehen. So entsteht die Frage, ob ein grösseres Wirtschaftswachstum zwingend mit der Zerstörung bzw. dem Verbrauch von Naturressourcen einhergeht?

Auf der einen Seite gibt es die klassische Ökonomie, die davon ausgeht, dass Wirtschaftswachstum eine zwingende Konstante für Weiterentwicklung, Produktivität und Prosperität der Gesamtbevölkerung darstellt. Dem stellt sich eine Bewegung von Degrowth Aktivisten entgegen (englisch degrowth movement). Sie argumentieren, dass permanentes Wirtschaftswachstum auf einem endlichen Planeten eine Unmöglichkeit sei. Schrankenloses Wachstum führe zwingend zu irreversiblen Umweltschäden, da Naturressourcen schneller verbraucht würden als sie erneuert werden. Ausserdem, so wird argumentiert, seien einige natürlichen Ressourcen unseres Planeten an ihr Ende gekommen oder kurz davor aufgebraucht zu werden.

Doch was ist mit Wachstum eigentlich gemeint? Unter Wirtschaftswachstum wird allgemein eine Zunahme der Wirtschaftsleistung in einer bestimmten Zeit verstanden. Die gängigste Maßeinheit ist die prozentuale Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das Bruttoinlandsprodukt misst den Gesamtwert der Waren und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres in einer Volkswirtschaft erbracht werden. Seit über 40 Jahren weist zum Beispiel die Schweiz ein steigendes BIP aus. Laut Wachstumskritikern droht nun mit steigendem Wirtschaftswachstum auch zwingend die Zerstörung unserer Umwelt, sowie die damit verbundene Konkurrenzsituation um die weniger werdenden Ressourcen. Doch kann diese pauschale Wachstumskritik überzeugen?

Dazu Professor Richard Werner:

«Volkswirtschaften ohne Wachstum sind nicht nur möglich, sondern ja seit langem die Realität. Wachstum ist eine statistische Illusion, die durch die gewählte Form der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung geschaffen wurde. Das BIP und das Konzept des ‹Wachstums› sind sehr nützlich, um den Transfermechanismus des Zins-Systems zu rechtfertigen und zu ermöglichen – und damit das System der privaten Kreditschöpfung und privaten Kontrolle der Kreditvergabe. Wie sich niedriges Wachstum auf die Kreditwirtschaft auswirkt, ist schnell gesagt: Konsolidierung. Schrumpfung der Zahl der Banken. Steigende Konzentration im Banking. Konzentrierte Bankmacht über Ressourcen-Allokation, wobei meist die ‹guten› Banken am gefährdetsten sind. Aber dies ist vermeidbar, denn fallendes Wachstum ist kein Naturgesetz, sondern durch den Menschen geschaffen (genauso wie die Illusion des ‹Wachstums›, wenn wir eine ‹Wachstumsphase› haben), nämlich durch die Geldpolitik der Zentralbanken. Die können auch jederzeit die Phase des ‹Nullwachstums› (d.h. Nullwachstums des BIP) beenden, indem sie die Kreditschöpfung ankurbeln. Leben ohne Zins ist möglich und sogar effizienter für alle. Es benötigt aber und ermöglicht ein anderes Geldsystem.» Denkwerkzukunft – werner

Aus der anthroposophischen Ecke weist Johannes Mosmann darauf hin: «Demgegenüber weisen einige wenige auf die Notwendigkeit eines »Gesundschrumpfens« der Wirtschaft hin. Dabei übersehen sie jedoch, dass das Wirtschaftswachstum bloß eine Abstraktion ist. Als Referenzgröße wird nämlich das Bruttoinlandsprodukt herangezogen, also der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die während eines Jahres innerhalb eines Staatsgebiets erzeugt wurden. Ob im Allgemeinen ein solcher »Gesamtwert« wächst oder schrumpft, ist im Hinblick auf den Klimawandel jedoch irrelevant. Auch für das Silizium-Gehirn von ›Aladdin‹, der sagenumwobenen Würfelmaschine der weltgrößten Schattenbank ›Blackrock‹, ist Wachstum einfach Wachstum, unabhängig davon, was genau wächst. Real kann aber etwas wachsen, das der Gesamtentwicklung förderlich ist, oder etwas, das Energie und Lebenszeit frisst und den Wirtschaftsorganismus schwächt. Kritik am Wachstum an sich ist deshalb genauso falsch wie eine Förderung des Wachstums an sich. Die Drei, Johannes Mosmann, Die verborgene Ursache des Klimawandels – Institut für soziale Dreigliederung Berlin

Es gibt viele Märkte, die schlicht und einfach von der menschlichen Erfindungsgabe leben und dadurch wachsen, dass Menschen kreativ werden. Über die Veränderung von Bewertungen können ebenfalls Wachstumseffekte erzielt werden. Darüber hinaus haben sich Prognosen, die ein Ende von Ressourcen oder zwingende Naturkatastrophen verkündeten in vielen Fällen als falsch erwiesen. Es lassen sich folglich zwingende Beschränkungen des wirtschaftlichen Wachstums ebenso wenig aufrechterhalten wie ein Mechanismus, der Wachstum automatisch an den Verbrauch von endlichen Naturressourcen knüpft.

Auch hier gilt es, die menschliche Freiheit zu entwickeln das wachsen zu lassen, was eben im Einklang mit Umwelt und menschlichem Wohlstand wachsen kann und wachsen will.